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„Er war halt auch ein Spitzbub“

Die Diener der katholischen Kirche, sprich die Pfarrer und Bischöfe, stehen derzeit in harter Kritik. Doch der Schwarzwälder Querschädel, Pfarrer Heinrich Hansjakob, ist weniger durch herausragende seelsorgerische Dienste hervorgetreten als durch das Erkennen der wirtschaftlichen Nöte seiner Pfarrkinder. Eine Kirchenbesucherin stellte fest: Fromm wird man nicht, aber g‘scheit wird man während seiner Predigten. Die Hagnauer hatten sich oft über seine Abwesenheit beklagt. Es wundert nicht, dass er als erster auf die Idee kam, eine Genossenschaft zu gründen, in die jeder Winzer seine Traubenernte einbringen konnte. Damit war erstmals eine bessere Existenzgrundlage geschaffen. Die Hagnauer haben ihn nicht vergessen. Am Pfarrhaus wurde eine Gedenktafel angebracht und vor dem stattlichen Rathauskomplex steht er leibhaftig da: ein langer Gehrock umgibt seine mächtige Gestalt und auf seinem Kopf sitzt sein legendärer Schlapphut. Heute ist die Winzergenossenschaft in einem repräsentativen Gebäude untergebracht. Der Weinverkauf floriert. Hansjakob hätte sicherlich Freude daran. In der Pfarrkirche St. Johannes Baptist hat er immerhin 15 Jahre gewirkt. Die modernen, tiefblauen Glasfenster wurden von Peter Valentin Feuerstein gestaltet. Barockaltäre und andere Ausstattungsstücke ließ der selbstherrlich handelnde Heinrich Hansjakob durch neugotische ersetzen, was heute sehr bedauert wird. Ähnlich gehandelt hat er dann in Freiburg in der Stadtkirche St. Martin.
Gasthäuser, Pensionen und Gebäude aus Klosterzeiten bestimmen das gemütlich wirkende Ortsbild

Der bequeme Seeuferweg nach Meersburg (4 km) ist auch für Seniorenradler ein Vergnügen. In diesen Tagen liegt ein Grauschleier über dem See, über der gesamten Landschaft. Der Radelweg führt direkt zur Meersburger Therme. Die Heilquelle von 34 Grad sorgt für wohlige Entspannung. Dem Schwimmbad für Mutter und Kind wurde bei der Bädergestaltung viel Aufmerksamkeit geschenkt. Und hier wurde eine einzigartige Kombination mediterraner Saunawelt und orientalischer Badekultur geschaffen. Von der Therme bietet sich ein faszinierender Blick über das Schwäbische Meer! Das Bad wird an jenem trüben Tag stark frequentiert, während das mittelalterliche Meersburg kaum Besucher aufweist. So hat jede Medaille ihre zwei Seiten: keine Menschenmassen ziehen durch die romantischen Gassen, auch nicht vor der über tausend Jahre alten Burganlage. Der Weg über die Zugbrücke führt mitten hinein ins lebendige Mittelalter. Steinpflaster, unzählige Treppen sind fast so anstrengend wie bei einer Bergtour. Daher sei gutes Schuhwerk empfohlen! Der ehemalige fürstbischöfliche Barocksaal wurde in ein Schlosscafé umgestaltet und mit Antiquitäten ausgestattet. Konrad von Rodt (1750-75) war der erste Bischof des neu errichteten Barockschlosses, das in unmittelbarer Nachbarschaft liegt. In Hagnau bedarf das kleine, feine Hotel – Restaurant zur Winzerstube, direkt am See und unweit vom Rathaus gelegen, der besonderen Erwähnung. Hier wird exzellente regionale Küche, schnörkellos und ohne Sterne-Raffinessen, geboten. Das aus dem Kinzigtal stammende Ehepaar weilt schon eine Woche hier und ist über den berühmten Pfarrer Hansjakob wohl informiert. „Er war halt auch ein Spitzbub mit seiner zahlreichen Nachkommenschaft“, meint der Tischnachbar lachend. „Man sollte die Pfarrer endlich heiraten lassen, damit wären viele Probleme gelöst. Und haben Sie in Hagnau den Japanischen Teegarten schon gesehen?“ Beim Gasthaus Löwen wurde auf einem Gelände von 2.500 qm die japanische Gartenkultur aufs Feinste verwirklicht. Auf verschiedenen Ebenen laden geschmackvolle Sitzmöbel ein. Abends wird der Garten illuminiert und durch musikalische Untermalung mit japanischen Klängen zu einem Gesamtkunstwerk gestaltet. Über die Gartenmauer erhebt sich der alte Kirchturm von Hagnau. Und beide Welten so unterschiedlicher Kulturkreise scheinen zu harmonieren.
Weingut Aufricht

Wanderer, die weite Ausblicke über den See lieben, sei der Höhenweg von Hagnau nach Meersburg empfohlen. Und genau auf dieser Strecke (Wegweiser führen dort hin) liegt das Weingut Aufricht, eingebettet zwischen Obstkulturen und Weinbergen. Der aufmerksame Wanderer entdeckt sogleich ein Zitat von Dante: Vom Ursprung der Schöpfung ist dem Wein eine Kraft beigegeben, um den schattigen Weg des Lebens zu erhellen. Dies tun in der Tat die Aufricht-Weine auf überzeugende Weise. Allein der Roséwein „Seegucker“ wurde auf der Internationalen Messe in Cannes mit der Goldmedaille ausgezeichnet. „Das hat die Franzosen schon gewurmt, nachdem sie besonders auf dem Gebiet der Rosé- Weine führend sind“, meint Manfred Aufricht, der zusammen mit seinem Bruder Robert das Weingut erfolgreich führt.