Bodensee

Schmuckstück an steilen Rebhängen

Am meisten hat man von einer Anreise zu Wasser. Meersburg liegt am nördlichen Ufer des baden-württembergischen Bodenseegebiets, zwischen Überlingen und Friedrichshafen. Von Konstanz aus kann man mit den Schiffen der „Weißen Flotte“ (tagsüber während der Saison) oder mit der Autofähre nach Meersburg übersetzen. Die Autofähre Konstanz-Meersburg verkehrt tagsüber alle 15 Minuten, bei Bedarf sogar alle 10 Minuten, nachts dagegen stündlich. Freilich ist in der Hochsaison mit Wartezeiten zu rechnen. Die Städte Konstanz und Meersburg liegen am Ausgang des schmalen Überlinger Sees, der wie ein Zeigefinger nach Nordwesten weist, fast in Sichtweite gegenüber. Die Überfahrt vom Hafen Staad bei Konstanz aus dauert nur zwanzig Minuten. Südöstlich von Meersburg sieht man während der Überfahrt, wie der See immer breiter wird, sich in seiner Weite bis zu den hoch getürmten weißen Gipfeln der Alpen hinzuziehen scheint.

Meersburg am Bodensee (© Meersburg Tourismus)
Meersburg am Bodensee (© Meersburg Tourismus)

Wenn man sich nach frischer Fahrt der Schiffsanlegestelle nähert, hat man einen idealen Blick auf die gesamte Unter- und Oberstadt von Meersburg. Es ist die schönste Ansicht dieser alten Stadt, wie sie sich nur vom See her bietet. Besonders ins Auge fällt das Neue Schloss und die trutzige, mittelalterliche Burg, die der Stadt ihren Namen gibt. Darunter, am Hang, staffeln sich die zumeist alten Häuser, schlängeln sich Gassen. Die Unterstadt legt sich um einen recht schmalen Uferstreifen. Ursprünglich lag zu Füßen der Meersburg nur eine Fischersiedlung, die 1526 zum Sitz der Fürstbischöfe von Konstanz aufstieg. Die folgende Blütezeit ist bis heute deutlich zu erkennen. Den Konstanzer Bischöfen verdankt die Stadt ihre barocke Silhouette. Heute noch ist Meersburg Bischofsstadt.

Was Meersburg besonders anziehend macht, ist die reizvolle Lage. Die Stadt liegt unmittelbar am See und schiebt sich in Stufen an einem steilen Rebhang hinauf. Meersburg hat Bedeutung als Weinbau- und Tourismusort sowie durch seine Geschichte und Kultur. Der sonnige Steilhang, in Lagen zwischen 444 und 500 Metern, ist durch die Ausrichtung nach Süden und durch das milde Bodenseeklima prädestiniert für Weinanbau. Zu hiesigen Rebsorten gehören Müller Thurgau und Spätburgunder, durch Vergärung von Saft, Fleisch und Haut der Beeren zu Rotwein ausgebaut. Wie auch der goldgelbe bis bernsteinfarbene Weißherbst, der allerdings bei Vergärung des Safts ohne Fleisch und Haut der Beeren seine Note erhält. Hinzu kommen weitere Rebsorten, die an den Hängen von Meersburg gedeihen: Grauer Burgunder, der in der lieblichen Ausbaustufe Ruländer und in der trockenen Grauburgunder genannt wird, dazu Traminer, Bacchus, Kerner oder Sauvignon Blanc, und nicht zu vergessen Weißburgunder.

Vom Hafen aus führen 176 Stufen in die Oberstadt (© Meersburg Tourismus)
Vom Hafen aus führen 176 Stufen in die Oberstadt (© Meersburg Tourismus)

An der schönen Seepromenade entlang zu schlendern, möchte gewiss niemand missen. Allemal angenehm ist ein Aufenthalt in der Stadt, ob als Stippvisite oder länger angelegt. Vom Hafen aus führen 176 Stufen in die Oberstadt hinauf. Um die repräsentativen, stattlichen Bauten schlängeln sich viele kleine Gässchen durchs Fachwerk, entlang verwunschener Winkel, zu einladenden Plätzen und Cafés. Kommt man allmählich höher hinauf, stößt man auf erhebende Aussichtsterrassen. Weit geht der Blick, über die nach Süden hin unabsehbare Fläche des Sees, und, wenn man Glück hat, bis zur imposanten Bergkette der Alpen. Für eine Kleinstadt mit ihren 5.000 Einwohnern, befindet sich hier auch eine ungewöhnliche Anzahl von Museen. Sie sind allesamt in der Oberstadt zu finden, laden ein ins Mittelalter, ins Barock, in bedeutende Gemäldesammlungen und zu Bibelthemen, bieten Einblicke in Stadtgeschichte, Weinbau und Luftfahrt.

Die Meersburg, auch Altes Schloss, ist die älteste bewohnte Burg Deutschlands und Wahrzeichen der denkmalgeschützten Stadt. Sie ist nur über eine Zugbrücke zu erreichen. Hinter den bis zu fünf Meter dicken Mauern befinden sich über hundert Zimmer, eines davon das Arbeits- und Sterbezimmer der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848). Das Leben in dem Gemäuer hat sie in Versen beschrieben: „Auf der Burg haus’ ich am Berge,/unter mir der blaue See,/höre nächtliche Koboldzwerge, täglich Adler in der Höh’“. Sie war oft krank – die Winter. Im Fürstenhäusle“, ein um 1600 erbautes Rebhaus, das sie erwarb, hielt sie sich gerne auf. Es liegt mitten in einem Rebhang über der Oberstadt und ist heute eine Droste-Gedenkstätte. An die Dichterin erinnern auch die alljährlich im Mai stattfindenden Droste-Literaturtage. Und auch das noch zur Erinnerung: Unter den letzten D-Mark-Banknoten befand sich ein 20er Schein mit dem Porträt von Annette Droste-Hülshoff vor einer Collage mit diversen historischen Bauwerken von Meersburg.

Die Meersburg ist die älteste bewohnte Burg Deutschlands (© Meersburg Tourismus)
Die Meersburg ist die älteste bewohnte Burg Deutschlands (© Meersburg Tourismus)

Nach alter Sage und einer Überlieferung aus dem Jahr 1548 soll die Gründung der imposanten, die Meersburg umgebenden Wehranlage bis ins 7. Jahrhundert, auf die Merowinger unter König Dagobert zurückgehen. Der Rundgang durch das Burgmuseum führt durch einen mittelalterlichen Wohntrakt, durch Rittersaal, Waffenhalle, Brunnenstube, Burgverlies, Kapellen, über Wehrgänge zur Folterkammer und zu den Türmen. Ältester und höchster Turm Meersburgs ist der Dagobertturm, von dem aus sich ein überwältigender Ausblick über die Stadt und den See bietet. Und bei günstiger Wetterlage zeigen sich, einmal mehr, in der Ferne die Alpen. Und bevor man sich wieder ins Treiben des Tages begibt, lädt vielleicht noch der zauberhafte Burggarten zum Verweilen ein.

Im Neuen Schloss, das 2011 umfangreich renoviert wurde, sind u. a. die Fürstbischöflichen Gemächer zu besichtigen. Sie wurden in der Art barocker Audienz- und Privaträume nachträglich möbliert. Weitere Räume dienen Wechselausstellungen, im Spiegelsaal werden Konzerte gegeben. Es können auch Räume für Veranstaltungen angemietet werden. Das Neue Schloss ist zu einem lebendigen Kulturzentrum geworden. Im Außenbereich, auf großer Terrasse und hoch über dem See, befindet sich ein sehr beliebtes Café, das an schönen Tagen verständlicherweise kaum freie Plätze hat. Meersburg, eine Stadt, die ganz bei sich ist, die auch mit einem gesteigerten Tourismus gut umzugehen versteht. Ein Besuch der Stadt lohnt sich immer.

Peter Frömmig

Infos: www.meersburg.de