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Taubergießen und die naturgeschützten Rheinauen

Nehmen wir einmal an, Ziel unseres Tagesausflugs ist der naturgeschützte, urwüchsige Auwald von Taubergießen, den wollten wir schon lange einmal aufsuchen. Nehmen wir einmal an, es ist ein schöner, wenn nicht gar idealer Ausflugstag mit klarer Luft und strahlendem Sonnenschein, Egal ist es dann, ob man von Norden oder Süden kommt, aus Richtung Basel oder Karlsruhe. Bei der Fahrt durch das vom Licht durchflutete, ausgedehnte südliche Oberrheintal wird einem garantiert ein erhebendes Gefühl von Weite überkommen. Das Besondere an dieser sich hier auftuenden Weite ist, dass sie durch die Begrenzung der Mittelgebirge des Schwarzwalds und der Vogesen, die sich spiegelbildlich gegenüberliegen, nicht ins Uferlose geht und somit etwas Anheimelndes hat. Der elsässische Schriftsteller Rene Schickele sah in der Rheinebene, seiner Zunft gemäß, „die zwei Seiten eines aufgeschlagenen Buches”, die nicht durch den Rhein getrennt sind, sondern durch ihn vereint werden, „indem er sie mit einem festen Falz” zusammenhält.

Die so schön überschaubare Weite der Ebene zu beiden Seiten des Rheins ergibt sich durch eine flurbereinigte, fast baum- und heckenlose Landschaft. Das ist auch, nicht zu vergessen, eine Folge der Rheinbegradigimg durch den badischen Ingenieur Tulla im 19. Jahrhundert. Dadurch wurden zwar die jährlichen, großflächigen Überschwemmungen verhindert, doch der nunmehr stark beschleunigte Rheinabfluss bewirkte auch eine beträchtliche Absenkung des Grundwasserspiegels, was zu einer Versteppung der Wiesen, Wälder und Felder führte. Und das wiederum brachte ein Aussterben vieler Tier- und Pflanzenarten sowie eine Minderung des einstigen Fischreichtums mit sich. Wie so oft in der zivilisatorischen und technologischen Entwicklung führten auch hier die Eingriffe zu Störungen des natürlichen Gleichgewichts. Zur Rhein-begradigung kam auch noch die Anlage eines Rheinseitenkanals auf französischer Seite hinzu, was zu einer weiteren Absen kung des Grundwasserspiegels führte. So verschwanden die alten Flussauen nach und nach, und durch das Ausbleiben fruchtbarer Schwemmfracht mussten die Felder seither künstlich gedüngt werden.

Der zunehmenden Versteppung wurden vor dem Naturschutzgebiet Taubergießen Grenzen gesetzt. Durch die behutsame Erhaltung von Wasserarmen und Feuchtgebieten konnte diese einzigartige Stromauenlandschaft für Flora und Fauna zurückgewonnen werden. Sie bietet heute dem Besucher mehr als nur eine Erinnerung an ihren Urzustand. Der Name „Taubergießen” wird übrigens von einem gleichlautenden Gewässerlauf im nördlichen Teil des Schutzgebietes abgeleitet. Nährstoffarme Gewässer mit geringem Fischbestand bezeichnen die Fischer seit jeher als „Tauben”, während die hier charakteristischen, aus Grundwasser gespeisten Fließgewässer, die zahlreich die weitläufige Wald- und Feuchtwiesenlandschaft durchziehen, „Gießen” genannt werden. Erst seit 1979 wurde das 2400 Hektar große Areal des Taubergießen zu einem Landschaftsund Naturschutzgebiet erklärt, es ist eines der größten und beeindruckendsten, die das Land Baden-Württemberg zu bieten hat.

Der Taubergießen erstreckt sich auf einer Lange von 12 Kilometern entlang des Rheins, seine breiteste Steile beträgt 2.5 Kilometer. In seiner beträchtlichen Ausdehnung reicht dieses Areal mehr oder minder bis in die Gemarkungen der Gemeinden Kappel-Grafenhausen, Rust, Rheinhausen, Weisweil und Wyhl hinein. An die französische Gemeinde Rhinau mussten 1000 Hektar des Naturschutzgebietes abgetreten werden, was auf historisch-politische Ursachen zurückzuführen ist.

Wer sich über die Autobahn A5 unserem Ziel nähert, hat drei Möglichkeiten der Anfahrt. Zum nördlichen Taubergießen bei Kappel am Rhein kommt man über die Ausfahrt Ettenheim. Man fährt in Richtung Kappel-Grafenhausen und von dort aus weiter zur Rheinfähre, wo sich beim ehemaligen Zollhaus ein Parkplatz mit einer Informationsstelle für das Naturschutzgebiet befindet. Zum mittleren Taubergießen nimmt man die Ausfahrt Rust-Ringsheim und fährt in Richtung Europa-Park und Campingplatz, um zu den Parkplätzen an der Zuckerbrücke zu gelangen. Der südliche Taubergießen ist über die Ausfahrt Herbolzheim zu erreichen, von dort aus geht es in Richtung Rheinhausen weiter. In den Ortsteilen Ober- und Niederhausen ist auf die Beschilderung „Zum Rhein” bzw, „Rheinstraße” zu achten, die zu den Parkplätzen „Weier” oder „Schützenhaus” führen.
Alle drei Parkplätze liegen um unmittelbaren Rand des Schutzgebietes, Von den Gemeinden Rheinhausen, Rust und Kappel-Grafenhausen ist der Taubergießen gut über mehrere Buslinien zu erreichen. Von den Bahnhöfen Herbolzheim, Ringsheim und Orschweiler kommt man angenehm mit dem Fahrrad zum Schutzgebiet, das auf weiteren gut ausgeschilderten Fuß- und Radwanderwegen erschlossen werden kann.